Alle wollen „so etwas wie die Telekom“

Carl-Frank Westermann, Gründer und Geschäftsführer WESOUND GmbH

In Zeiten, in denen smarte Lautsprecher, Sprachassistenten und Podcasts auf dem Vormarsch sind, müssen sich Unternehmen die Frage stellen, wie eine Marke klingen muss. Aber was muss die hörbare Identität einer Marke eigentlich leisten? Neueste Erkenntnisse dazu wird Carl-Frank Westermann, Geschäftsführer von WESOUND, am Schweizer Markenkongress präsentieren.

Herr Westermann, am Schweizer Markenkongress werden Sie sich mit Ihrem Vortrag „Audio Branding - Sound on the Run“ Gehör verschaffen. Was darf man sich darunter vorstellen?
Westermann:
Es ist schon seit Längerem unüberhörbar, dass Audio generell rasant an Bedeutung zugenommen hat. Das ist in erster Linie eine Folge der Digitalisierung, die Audio in der Kommunikation einen neuen Platz zuweist. Wir werden alsbald das Fingertippen, welches mit dem Gebrauch des Smartphones einhergeht, durch das Einsprechen ersetzen. Hier geht es nicht um besser, sondern einfach um die schnellere Handhabung. Wobei z.B. über Sprache weitaus mehr implizite Informationen transportiert werden, als es durch das bloße Lesen einer Textnachricht möglich ist.

Das Ziel von Audio Banding ist der akustische Fingerabdruck einer Marke. Aber wie klingt eine Marke?
Westermann:
Vorab, sie klingt auch ohne Audio Branding. Warum und wie sie klingt, bleibt dennoch die Frage. Hier müssen sich Marken von nun an mehr Gedanken machen. Der Zuwachs an Audio-Anwendungen erfordert von den Marken, ihr Klangbild nicht dem Zufall zu überlassen. Der Sound der Marke sollte in Zukunft auf einer strategischen Entwicklung und nachhaltigeren Umsetzung beruhen.

Ein Sound Logo kann zu einer wertvollen Visitenkarte für die Marke werden. Welche Marken machen das heute besonders gut? Welche No Goes gibt’s zu beachten?
Westermann:
Sound Logos stehen nach wie vor an prominenter Stelle. Dennoch sind sie nur Teil eines ganzheitlichen akustischen Auftritts. Stellen wir uns vor, ein visuelles Corporate Design bestünde nur aus dem visuellen Logo. Analog verhält es sich mit dem Klang einer Marke. Sie wird von vielen Sound-Elementen geprägt. Dazu gehören Musik, Atmosphären, Geräusche und vor allem das gesprochene Wort. Diese Elemente sollten wie aus einem Guss dem Markenbild klanglich entsprechen. Noch weitgefasster, sie sollten Teil des Gesamterlebens einer Marke werden. Sound Logos mit belanglosen Tonfolgen, die subjektiv besehen mit „gefällt mir” oder „gefällt mir nicht” bewertet werden, laden die Marke nicht nachhaltig auf. Hingegen tragen Sound Logos mit einem glaubwürdigen Storytelling nachweisbar zur Markenaufladung bei. Die Swisscom, Telekom, Migro, Intel, Audi, Lufthansa, Allianz besitzen Sound Logos mit Markenfit.

Alle wollen „so etwas wie die Telekom“. Wo sollten Markenentscheider mit dem Audio Branding starten?
Westermann:
Wie vorher angeführt. Wie klinge ich und warum? Wie kann ein Sound meiner Marke entsprechen? Kurzum: Wenn Marken ihre Sound-Identität ebenso wichtig nehmen wie ihren visuellen Auftritt, wird das Klangbild vieler Marken ein anderes sein. Denn Sound entfaltet seine Wirkung größtenteils unbewusst und müsste von daher viel bewusster gestaltet werden.

Sie haben sich mit ihrem Team Klänge für die ganz Großen ausgedacht, darunter Allianz, Audi, Siemens und Lufthansa. Was ist den Firmen wichtig? Wie lange dauert es, ein Sound Logo zu entwickeln?
Westermann:
Ohne die Vorab-Entwicklung der Sound-Basiselemente wie Musik, Atmosphäre und Stimme ist eine seriöse Entwicklung eines Sound Logos für uns nicht denkbar. Ob ein Sound Logo musikalisch, geräuschhaft oder stimmlich geprägt ist, bestimmt der Sound-Entwicklungsprozess. Idealerweise kann es in drei Sekunden die Identität einer Marke hörbar machen. Die eigentliche Arbeit beginnt mit der strategischen Implementierung. Erst diese sichert die Existenz, Verwendung und Durchschlagskraft von Audio Branding.

Wie sieht die Zukunft von Audio Branding aus? Wohin geht die Reise?
Westermann: 
Marken müssen neue Anwendungen im Audiobereich aktiv angehen. Ansonsten werden die Alexas, Siris, etc. nicht Ausdruck ihrer Marke. Voice Assistenten bringen ein enormes Potential für das Markenerleben mit sich. Jeder Funktionston in Anwendungen wie Apps, Podcasts, Smartphones, Produkten vielfältiger Art bietet Möglichkeiten, diesen auch zu branden, d.h. ihn zum wiedererkennbaren Bestandteil der Marke oder seines Produktes zu machen. Achten Sie mal, was passiert, wenn Sie Ihre Mails verschicken. Dieser Sendungston begleitet Sie täglich. Er wiederum macht jeden Tag Marke, er konnotiert und konditioniert in Einem. Sich von ihm als Anwender zu trennen ist unmöglich. Eigentlich unerhört, oder?

Vita Carl-Frank Westermann

Gründer und Geschäftsführer WESOUND GmbH
Carl-Frank Westermann ist Diplom-Kaufmann, Musiker und geschäftsführender Gesellschafter von WESOUND, Agentur für Auditive Markenentwicklung. Er berät, entwickelt und gestaltet u.a. Marken wie Bayer, DFL, Manner, Seat, real,- und Covestro unter der Prämisse, deren akustischen Auftritt mit den individuellen strategischen Zielsetzungen zu synchronisieren und dadurch die ganzheitliche Markenwahrnehmung zu schärfen. An der Gestaltung der Sound-Themen der Zukunft ist er aktiv beteiligt.

Von 2000 bis 2011 verantwortete er als Creative Director den Bereich „Sound Branding“ bei der  Branding Agentur MetaDesign. Unter seiner Führung wurden Brand Sound Konzepte für namhafte Firmen wie Volkswagen, Siemens, Allianz, Lufthansa, Premiere oder eBay entwickelt und umgesetzt. Die Arbeiten von Carl-Frank Westermann wurden bereits mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem red dot award, Transform Award Europe, German Design Award und German Brand Award. Er ist als Pionier des Sound Branding ein gefragter Referent und Autor verschiedener Fachpublikationen. Ihm wird die Ehre zuteil, Juror bei diversen Preisen der Medienszene zu sein, zum Beispiel beim Deutschen Radiopreis.

www.wesound.de