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05.07.2021

Anemoia – Warum die Next Gen Nostalgie für die 90er und 00er ausdrückt

Die modischen Highlights der 90er und 00er Jahre erleben momentan ein Comeback in der Next Generation. Diejenigen von uns, welche zu dieser Zeit aufgewachsen sind, empfinden dies wahrscheinlich als amüsant. Gleichzeitig stellen sich viele wahrscheinlich die Frage nach dem «Warum». Wir haben diese Trends doch erfolgreich ab und in eine Schublade gelegt.

Dass die junge Generation die Schublade nun wieder aufmacht und die modischen Trends dieser Zeit für sich adaptiert zeigt, dass sie eine Nostalgie für eine Zeit ausdrücken, zu welcher sie gerade erst geboren wurden. Sie können diese Zeit also unmöglich wirklich miterlebt haben. Warum also die Nostalgie?

Key Insights

  • Anemoia ist das Gefühl der Nostalgie für eine Zeit, welche man selber gar nicht erlebt haben kann.

  • Das Phänomen ist gerade besonders stark in der Gen Z zu sehen. Die Mode und Trends der 90er und 00er Jahren erleben in der jungen Generation ein momentan ein Comeback.

  • Gründe für die starke Ausprägung sind unklar. Ein Zusammenhang zwischen der starken Neigung zu Anemoia und den soziale Medien sowie der mentalen Gesundheit kann nicht ausgeschlossen werden.

 

Das Phänomen hat einen Namen: Anemoia.

Wenn du das erste Mal von diesem Begriff hörst, musst du dir keine Sorgen machen, denn du bist wahrscheinlich nicht der/die Einzige. Der Begriff wurde 2014 durch den Autor John König geprägt und findet seit Kurzem immer mehr Anklang in der Verwendung.

In seinem Buch «The Dictionary of Obscure Sorrows» versucht der Autor Lücken in der englischen Sprache zu schliessen. Er gibt Gefühlen einen Namen, welche wir zwar alle kennen aber für die es bisher noch keinen gab. Wie zum Beispiel das Gefühl, Nostalgie für eine Zeit zu empfinden, welche man selbst unmöglich erlebt haben kann: Anemoia.

Dieses Gefühl ist nicht neu. In den 90er Jahren waren die Musik und der Stil der 70er die Inspirationsquelle der Jugend, in den 00er Jahren griffen Jugendliche die Trends der 80er wieder auf. Das Phänomen zieht sich wie ein roter Faden durch die Jugendkultur und ist nun bei der Gen Z angekommen. Es macht daher Sinn, dass die jungen Menschen heute die Trends aus den 90er und 00er Jahren wieder entdecken.

Nostalgie für eine andere Zeit

Dadurch, dass das Leben der Gen Z stark durch das Online-Sein geprägt ist, sollte man Vergleiche zu anderen Generationen eher mit Vorsicht ziehen. Ist die junge Generation heutzutage anfälliger für Anemoia? Diese Frage ist schwer zu beantworten. Schauen wir uns einige aktuelle Trends an, ist in vielen Themen aber eine sehr starke Nostalgie zu spüren.

Beispiele sind zum Beispiel der Kidcore-Trend, in welchem die Inspiration aus Kinderkleidung gezogen wird. TV-Figuren werden einbezogen, um einen unausstehlich niedlichen und bunten Look zu kreieren. Auch die wieder aufkommende Vorliebe für Emo-Bands der 00er Jahre wie My Chemical Romance, für Fernsehserien wie «Friends» oder Sportmarken wie Fila und Champion schreit nur so nach Anemoia. Dazu kommt die Wiederauferstehung von Apps wie Dispo, mit welchem man einen Einwegkamera-Look für seine Fotos zaubern kann. Die Trends der Gen Z sind Nostalgie-getränkt.

Ein interessanter Faktor dieses Phänomens scheint auch die mentale Gesundheit zu sein. In England gaben laut Voxburner 84% der 16- 24-Jährigen an, schon einmal unter psychischen Problemen gelitten zu haben. Verständlich, dass sich viele also nach einer tröstlichen Erinnerung an eine unschuldigere Zeit sehnen. An dieser Stelle kommt wie so oft der Einfluss «Always-On» hinzu. Die andauernde Konfrontation mit Nachrichten und Werbung ermüdet und stärkt die Nostalgie für eine Zeit vor den sozialen Medien. Eine Zeit, welche die Gen Z nicht erlebt hat und welche sie daher idealisiert hat.

Was können wir hieraus also lernen?

Marketeers sollten sicherlich dafür sorgen, dass die visuelle Gestaltung im Trend der Zeit liegt. Momentan kann daher mit der Ästhetik der 90er und 00er Jahre gepunktet werden. Das ist aber natürlich nicht das Ende vom Lied. Vielmehr sollten wir uns Gedanken machen, was dem Anstieg der Anemoia bei der Gen Z zugrunde liegt. Was spricht sie an dieser Zeit genau an?

Freiräume nehmen hier sicherlich eine zentrale Rolle ein. Marketeers sollten sich darum bemühen, solche zu schaffen. Räume, in welchen Menschen frei und kreativ sein können und die gemeinschaftsfördernden Vorteile von Social Media wahrnehmen. Räume, in denen die Nachteile der digitalen Welt nicht existieren. Fühlt sich das Publikum durch ihren Inhalt unterstützt und entspannt? Oder fördert er eventuell Ängste? Diese Frage sollten sich Marketeers vor jeder Veröffentlichung stellen. Nicht nur um ihre moralische Verantwortung gegenüber der Bevölkerung wahrzunehmen, sondern auch, um die Beziehung zu jungen, wertvollen Konsumenten zu stärken. 

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